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Freitag, 18. November 2011

Subtile Meinungsmache

Gerade wollte ich nur schnell mal die aktuelle Weltlage checken und habe dafür die Überschriften bei welt.de überflogen. Und dann traf mich fast der Schlag. "Sinai-Wüste: Das blutige Geschäft mit Organen vor Israels Grenze". 

Worum es geht? Offenbar leben auf der Sinai-Halbinsel zahlreiche Flüchtlinge aus Afrika, die viel Geld an Schlepper gezahlt haben, um nach Israel zu gelangen, um dort ein besseres Leben zu haben. Viele schaffen es nicht und bleiben auf dem Sinai hängen und geraten dort in die Hände krimineller Beduinen, die den Flüchtlingen anbieten, gegen eine weitere horrende Zahlung dafür zu sorgen, daß sie ihr Ziel doch noch erreichen. Das Geld haben die Flüchtlinge natürlich nicht, das haben sie ja schon den Schleppern gegeben. Als Alternative wird dann ein Deal mit einigen kriminellen Ärzten aus Kairo angeboten: Organe gegen Hilfe beim Grenzübertritt. Die Ärzte kommen, entnehmen unter primitiven Bedingungen die Organe, flicken die Flüchtlinge notdürftigst wieder zusammen und lassen sie liegen. Die Überlebenschancen kann man sich ausrechnen.

Ja, der Sinai grenzt an Israel. So gesehen ist die Überschrift korrekt. Allerdings wird so der Eindruck erweckt, Israel wäre dafür verantwortlich. Und das ist es nicht. Besonders ärgerlich ist eine solche Überschrift, weil damit angespielt wird auf die moderne Form der Ritualmordlegenden früherer Zeiten: den Vorwurf, Israelis/ Juden würden gezielt Nichtjuden/Muslime ausschlachten. Ein bekanntes filmisches Beispiel dafür ist der Film "Zahras blaue Augen", dessen propagandistische Absicht natürlich recht leicht durchschaubar ist, oder auch Filme aus der Kinofimreihe "Tal der Wölfe".


Noch ein peinlicher Fehler: im Artikel wird Bezug genommen auf einen Artikel in der Zeit. Dort wurde der Chef eines Tocherunternehmens einer israelischen Krankenversicherung zitiert, der den Schwarzmarktwert von Organen schätzt. Er heißt Alfred Rosenfeld. Einem Leserkommentar von "tradewind12" kann man entnehmen, daß er zunächst unter dem Namen Alfred Rosenberg zitiert wird. Das wurde dann offenbar korrigiert, ohne den in solchen Fällen eigentlich angebrachten Hinweis am Ende des Artikels, daß sich in einer früheren Fassung bedauerlicherweise ein Fehler eingeschlichen hätte... Der Verschreiber ist sehr peinlich, böse Absicht würde ich da nicht unterstellen wollen. Aber die Sache mit der Überschrift, die hat dann doch ein G'schmäckle.

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